Tea-Time

Geschätzte Mitreisende,

ich bin kein Freund von Waffen, dennoch habe ich mir ein Holster aus Leder gefertigt, um es auf Anlässen, ganz nach dem Motto «allzeit bereit» zu tragen. Anstelle eines Revolvers werde ich allerdings nur meine Teetasse zücken.

Sehen Sie hier die Entstehung (m)eines Teacup-Holsters…

10882356680?profile=RESIZE_710xBei unseren ersten Zeitreisen nach England sind uns die tollen Teacup-Holster ins Auge gestochen, die sich dort grosser Beliebtheit erfreuen. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen, so zum Beispiel auch aus Stoff genäht. Mich haben aber die ledernen Varianten besonders angesprochen und zwar ist mir dabei gleich eine Technik eingefallen, die einmal im alten Rauchersalon von Johann von Seeland vorgestellt wurde.

Ganz nach dem Motto probieren geht über studieren habe ich mich also an die Arbeit gemacht.

Zuerst mussten Holzformen hergestellt werden und zwar eine für die Tasse und eine weitere für die Untertasse. Jede Form besteht aus zwei Teilen, damit das Leder eingespannt werden kann. Nachdem das Holz grob zugeschnitten war hiess es schleifen bis so ungefähr die Rundung des ausgewählten Porzellans erreicht und genügend Spiel vorhanden war, um das dicke Leder aufzunehmen.

10882358072?profile=RESIZE_710xDann benötigt man naturbelassenes Blankleder, welches in handwarmem Wasser eingeweicht wird um es dann in die Form zu spannen. Achtung, in diesem Zustand ist das Leder sehr anfällig für Abdrücke, Kerben etc.. Es muss also vorsichtig über die Form gezogen werden. Mit einem runden Holzstab (zum Beispiel dem Stiel eines Kochlöffels) wird es angedrückt und die Form etwas herausgearbeitet.  Wie man auf den Bildern sieht kann überschüssiges Material auch in Falten gelegt und ev. mit einem Tacker fixiert werden (natürlich nur an Stellen, die später abgeschnitten werden). Ist das Leder einigermassen der Form angepasst wird das Gegenstück darüber gepresst und mit Schraubzwingen fixiert. So muss das Leder dann mehrere Tage trocknen.

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Dann erst kann überschüssiges Leder abgeschnitten werden.

Ein spannender Augenblick war der Moment in dem endlich die Passform überprüft werden konnte und zu meiner Erleichterung hat alles recht gut ausgesehen.

10882362655?profile=RESIZE_710xAlso konnte es weiter gehen mit Zuschneiden, anpassen, punzieren…

10882363281?profile=RESIZE_710x10882363657?profile=RESIZE_710xVor dem Anmalen habe ich auch die Kanten noch geglättet. Dafür gibt es im Fachhandel verschiedene Kantenglätter wie das Hartholzrad, das man in die Bohrmaschine einspannen kann. Die Kante wird dann mit einem Schwamm angefeuchtet und so lange bearbeitet bis sie glatt wird. Weil es Stellen gab, wo ich mit dem grossen Rad nicht hingekommen bin musste ich zur Not selber ein kleineres Rädchen «basteln». Aus heutiger Erfahrung würde ich mir aber ein manuelles Kantenholz zulegen, weil man damit besser an schwierige Stellen rankommt.

10882364101?profile=RESIZE_400xDann ging es ans anmalen und nachdem die Einzelteile mit Nieten verbunden habe kam natürlich auch noch ein wenig Dekoration dazu.

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Mit dem Resultat meines Erstlingswerks bin ich nicht unzufrieden, allerdings gab und gibt es definitiv Verbesserungspotential.

So hat mich zum Beispiel gestört, dass sich die Rückplatte beim Anmalen ziemlich verzogen hat und auch die Trägerschlaufen haben mich irgendwie nicht befriedigt.

Meine Freundinnen waren aber begeistert. Darum habe ich einen weiteren Versuch unternommen. Auf dem Flohmarkt habe ich 6 hübsche Tassen mit Untertellern erstanden, die aber leider nicht zu meinen fertigen Holzformen passten. Also mussten neue Formen gemacht werden.

Dieses Mal habe ich Rückplatte und Träger aus einem Stück gefertigt und dieses vor der Weiterverarbeitung im Backofen etwas ausgehärtet. Achtung, die Temperatur darf höchstens etwa 50 Grad betragen. Ich habe das feuchte Leder mit Backtrennpapier belegt und mit einer Platte beschwert, damit es sich nicht verziehen kann, wobei ich den Teil für die Schlaufe bereits umgebogen und diese wiederum mit einem Gewicht fixiert habe. Bei dieser Methode läuft das Leder etwas ein, weshalb ich das Ganze erst grob zugeschnitten und nach dem Aushärten nochmals angepasst habe. Leider habe ich von dem Vorgang keine Bilder gemacht.

Die fertigen Teacupholster wurden noch jeweils mit dem Initialen meiner Freundinnen verziert, bevor ich sie als Geschenk überreicht habe.

10882365874?profile=RESIZE_710xAls Hochzeitsgeschenk habe ich dann nochmals ein Holster hergestellt. Und obwohl ich ein komplett anderes Geschirr verwendet habe hatte ich das Glück, keine neuen Formen herstellen zu müssen. Denn eine Kombination aus meinen beiden früher gemachten Formen war diesmal passend.

10882366878?profile=RESIZE_710xSeither liegen die Formen leider ungenutzt herum, obwohl ich noch eine Herausforderung annehmen mcöhte. Und zwar möchte ich anstatt Nieten zu verwenden die einzelnen Teile auch einmal zusammennähen und bei der Gelegenheit auch eine passende Tasche für die Thermoskanne mit dem heissen Wasser herstellen. Und nicht zu vergessen, auch der Gürtel sollte dann farblich abgestimmt werden, denn im Moment ist alles noch ein bisschen ein Sammelsurium von verschiedenen Einzelteilen.10882409901?profile=RESIZE_710x

Aber: Allzeit bereit, eine kleine Thermoskanne mit einem halben Liter heissen Wasser findet in der Tasche Platz.

10882377294?profile=RESIZE_710xZur Not könnte ich aber auch die Handtasche ausräumen und mal eben schnell neues Wasser aufstellen.

10882396653?profile=RESIZE_400xUnd bis der Tee gezogen hat lauschen wir der Spieluhr meines Rückenträgers.

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Werte Damen und Herren, ich hoffe ich habe Ihre Geduld nicht allzu sehr beansprucht mit meinem doch Recht lagen Beitrag. Wie Sie sehen, ergibt sich bei mir immer aus dem einen schon das nächste... und es gibt noch so viele Ideen und so viele Dinge die ausprobiert werden wollen.

Ergebenst

Lady Anna

 

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Antworten

  • Verehrte Lady Liecktensteam,

    vielen Dank für die Vorstellung Ihres Bautagebuchs von Ihrer wundervollen Arbeit! Meine Hochachtung, dass Sie auch von den Fehlern, beziehungsweise Schwierigkeiten erzählen. Meist sieht man nur das fertige Meisterwerk und nie die Herausforderungen im Entstehensprozess.

    Hochachtungsvoll,

    Friedrich von Reichenhall
  • Verehrte Lady Liecktensteam,

    ich kann mich den Vorrednern nur anschließen. Ein schön bebilderter Herstellungsprozess und ein wunderbares Ergebnis! Ich selbst habe im letzten Jahre erste Projekte mit Leder umgesetzt und hatte viel Freude beim Nähen. Diese wünsche ich Ihnen bei der Erweiterung Ihres Sets ebenfalls!

    Hochachtungsvoll,
    Luminus Gauge
  • Verehrte Lady Liecktensteam,
    ich finde ja diese Tea Cup Holder einfach zauberhaft.
    Danke für das Zeigen auch des Herstellungsprozesses.
    Hochachtungsvoll,
    H. Steam
  • Verehrte Lady Liecktensteam,

    welch ansprechende Arbeiten präsentieren Sie uns da! Gestarterisch gefällig und handwerklich hochwertig! Dazu die detaillierte Darstellung der Vorgehensweise - vielen Dank für die Vorstellung von Verfahren und erstaunlichen Endergebnissen!

    Mit vorzüglichster Hochachtung
    Parzival Schürer von Waldheim
    • Werter Herr Parzival
      Vielen Dank für Ihre netten Worte, es freut mich natürlich, wenn mein Schaffen Anklang findet.
      Das Führen von sogenannten "Bautagebüchern" ist eine Vorgehensweise, die ich aus dem ehemaligen Forum, bekannt unter dem Namen "Rauchersalon", übernommen habe. Dort wurden die Arbeiten meist unter Einbezug der Vorgehensweise und des verwendeten Materials vorgestellt. Das war mir nicht nur eine Quelle der Inspiration, so konnte ich viel von anderen lernen. Wie der geschätzte Herr Horatius Steam immer wieder betont, geht es ja nicht nur darum seine Werke zu zeigen, sondern auch das Wissen zu teilen. Ich hoffe natürlich, dass auch hier auf der neuen Anastasia diese Art der Berichterstattung wieder regen Einzug hält.
      Hochachtungsvoll
      Lady Anna
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