Ein Tropenhelm - ein Altprojekt

Verehrte Mitreisende,

ich will Ihnen ein älteres Projekt vorstellen. Vor ein paar Jahren, AD 2020 um genau zu sein, stand eine Expedition auf der Insel Vilm auf der Agenda und meiner Wenigkeit besaß keine adequate Ausrüstung, von einer geeigneten Kopfbedeckung ganz zu schweigen. Da es spätsommerlich war, musste natürlich ein Tropenhelm her. Am einfachsten wäre es gewesen, mir einen zu importieren, es reizte mich jedoch, mich selbst an den Bau eines solchen zu versuchen. 
Dem Projekt ging eine lange Recherche voraus. Woraus besteht ein solcher Helm? Wie werden die gebaut? Welches Modell will ich nachbauen? Ich hatte mich letztenendes für ein Modell aus der Zeit der kaiserlichen Marine entschieden, weil diese einen langen Nackenschutz besaßen. 
Meine Recherchen ergaben, dass Tropenhelme meist aus Pappmache, gepressten Kork oder Holundermark bestanden. Eine Korkpresse konnte ich mir wohl kaum anfertigen, daher wollte ich es zuerst mit Holundermark ausprobieren. Leichter gesagt als getan, Holundermark ist nicht leicht zu bekommen, weswegen ich auf ein leichtes und biegsames Holz aus dem Modellbau ausweichte. Die damit unternommenen Versuche scheiterten leider allesamt. Also blieb nur die Möglichkeit mit Pappmache. Dafür bedurfte es im ersten Schritt eine Form. Also zuerst recherchiert, wie Hutmacher Hutformen bauen und sich dann selbst an eine gewagt.
10971872457?profile=RESIZE_710x
10971872272?profile=RESIZE_710xAuf dem zweiten Bild sehen Sie die fertige Form, die bereits mit Folie überdeckt worden ist für den nächsten Schritt.
 Für die Masse, die auf die Form aufgetragen werden sollte, zerschnitt ich in feine Teile Cartonage, weichte es mit heißem Wasser auf und vermengte es mit Holzleim. Die Masse wurde vorsichtig auf die Form aufgebracht, festgedrückt und trocknen gelassen. Das Ergebnis sehen Sie im folgenden Bild:
10971874462?profile=RESIZE_710xNach dem Austrocknen wurden die Kanten beigeschitten und die unebene Oberfläche abgeschliffen. Bei der Arbeit kam mir in den Sinn, den Helm möglichst wetterfest zu machen. Also nahm ich verschiedene Lederreste, die kunststoffbeschichtet waren und leimte diese auf den Rohling auf. Dabei kam das folgende bunte Ergebnis heraus:
10971875064?profile=RESIZE_710xSo sollte das Endprodukt natürlich nicht bleiben. Also kam noch ein Stoffbezug darüber, die Kanten wurden wie im Vorbild mit Leder verkleidet und Applikationen wurden angebracht. Das Endergebnis sehen Sie hier:
10971875899?profile=RESIZE_710xFür einen ersten Versuch war der nicht schlecht geraten. Allerdings war der viel zu groß geraten, obwohl ich peinlich genau versucht hatte, den an meine Kopfform hin passend auszurichten. Plus ist das Gesamtergebnis zu schwer für einen Tropenhelm geworden und auch die Gesamtoptik ist nicht optimal. Aber es war ja ein erstversuch, aus dem sich einiges lernen ließ. Vielleicht wiederhole ich irgendwann einmal das Projekt, wer weiß. 

Ich hoffe, ich konnte Ihr Interesse wecken.

Hochachtungsvoll,

Friedrich von Reichenhall

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Antworten

  • Werter Graf von Reichenhall
    Vielen Dank für diesen interessanten Werkstattbericht! Der Helm ist Ihnen wahrlich gut gelungen, nur schade, dass er doch nicht ganz passt und zu schwer ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass es nicht einfach war, die Holzform genau passend hinzubekommen. Vielleicht können Sie das Innenleben eines Bauhelms in den Tropenhelm montieren. Damit lässt sich die Grösse gut anpassen, was den Tragekomfort erhöhen könnte.
    Folgendes könnte Sie vielleicht interessieren: unlängst sah ich ein Video wie früher die Hüte an die Kopfform angepasst wurden. Dafür gab es spezielle Gerätschaften und eine davon ist heute noch in Betrieb und zwar in London. In den beiden Videos kann man sehen, wie Grösse und Kopfform gemessen werden. Anschliessend wird der Hut mit Dampf behandelt um ihn in die richtige Form zu bringen. Es ist ja bekannt, dass es viele verschiedene Kopfformen gibt und dass nicht alles symmetrisch ist, trotzdem war ich sehr erstaunt zu sehen wie gross die Unterschiede sind (ich bin mir jetzt nicht mehr ganz sicher aber ich glaube in einem dieser beiden Videos ist an einer Wand des Geschäft ein Galerie mit den Abdrücke berühmter Kunden zu sehen)
    https://www.youtube.com/watch?v=YFmnV7doYrE
    https://www.youtube.com/watch?v=9rp06KA0D-I
    Einer meiner englischen Steampunk-Bekannten hat sich so eine ähnliche Vorrichtung gebaut. Dazu hat er einen alten «meccano» Baukasten verwendet.
    Es ist höchst erfreulich, dass auch Sie sich in dem alten Handwerk versucht haben und ein Tropenhelm war sicher nicht die einfachste Aufgabe, um damit zu beginnen. Daher ziehe ich meinen Hut!
    Sollten Sie einen zweiten Versuch in Angriff nehmen so wünsche ich Ihnen jetzt schon gutes Gelingen!
    Hochachtungsvoll
    Lady Anna

    Edit:
    Mit Ihrem Bericht haben Sie mir einen «Floh ins Ohr gesetzt». Es würde mich echt reizen, eine Steampunkversion einer solchen Gerätschaft zu bauen. Nach kurzer Recherche habe ich noch die folgenden beiden Videos gefunden. Im ersten ist der «Conformateur» im Detail genau zu sehen und das zweite Video zeigt eine vereinfachte Form davon, die mir realisierbar erscheint.
    https://www.youtube.com/watch?v=Q2i7euzxm4Q
    https://www.youtube.com/watch?v=RgRN0cAD_64
    Was fehlt ist einzig die Zeit, denn meine Liste von Dingen die ich noch gerne ausprobieren möchte ist ohnehin schon ziemlich lange.
    • Werte Frau Liecktensteam,

      herzlichen Dank für Ihre lobenden Worte. Irgendwann werde ich sicherlich einen neuen bauen, davon bin ich überzeugt. Spätestens, wenn ich wieder auf Expedition gehe.
      Ihre Videos werde ich mir gerne bei Zeiten in Ruhe zu Gemüte führen, haben Sie Dank für das Teilen.

      Hochachtungsvoll,

      Friedrich von Reichenhall
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