Verehrte Mitreisende,

ich will Ihnen im Folgenden die ersten Schritte meiner neusten Arbeit vorstellen. Mit der Zeit werden weitere Präsentationen zum Arbeitsfortschritt folgen. 
Dieses Mal will ich Sie ein wenig auf die Folter spannen, denn ich werde Ihnen nicht sagen, was es wird. Zumindest noch nicht. Wenn Sie mögen, dürfen Sie gerne raten.

Angefangen hat alles mit einer unscheinbaren Zeichnung auf Karton:
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Diese wurde als Schablone dafür verwendet, zwei identische Werkstücke aus Furnierschichtplatte zu fertigen. 
Die verwendete Furnierschichtplatte ist von denkbar schlechter Qualität. Sie stammte von Einwegtransportkisten aus Indien, die bei uns in Europa in der Regel nach Warenempfang vernichtet werden. Die beiden Werkstücke waren aufgrund ihrer schlechten Fertigung sehr uneben und im Fertigungsprozess nicht gleichmäßig verpresst worden. Um eine ebene Fläche zu erhalten, habe ich alle Unebenheiten mit dem Handhobel entfernt. Dies hinterließ "weiße Stellen" auf dem Werkstück, da das Deckfurnier durch den Prozess abgetragen wurde.
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Im nächsten Schritt wurden die beiden Teile aus Furnierschichtplatte mit Abstandshalter zusammengenagelt und vorher wurde eine Kunststofffolie dazwischen eingeklemmt.
Vier Streifen Furnier von Ahorn und ein Streifen von Nussbaum wurden zugeschnitten und eine Pressform hergestellt. Die Formteile wurden mit Leder überzogen. Einerseits als Dämpfung, andererseits um Unebenheiten auszugleichen.

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Der nächste Schritt war, man ahnt es schon, alles zu verleimen.

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Links im Bild sehen Sie eine weitere Furnierschichtplatte, auf der ich Reste vom Furnierzuschnitt aufgeleimt habe.

Damit will ich für´s Erste an dieser Stelle stoppen. Zwangsweise, der Leim muss ja ersteinmal trocknen. 
Ich wünsche Ihnen allerseits ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest. 

Hochachtungsvoll,

Friedrich von Reichenhall

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27.12.2022

Verehrte Mitreisende,

es ist gar nicht so einfach in diesen Tagen vor lauter Austausch von Geschenken und übermäßigem Genuss von Speis und Trank in der Werkstatt zu verweilen.
Ein paar Kleinigkeiten konnten trotzdem umgesetzt werden. Die Verleimung hat, abgesehen von ein paar kleineren Fehlern, gut funktioniert. Aus der Platte, im letzten Bild links zu sehen, wurde ein Stück ausgeschnitten und in den Corpus eingeleimt.
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Das Überstehende Material wurde mit der Oberfräse und einem Bündigfräser beigemacht. Anschließend wurde der Corpus an der Kreissäge in zwei geteilt, was nicht ganz einfach war. Um einen sauberen Schnitt hinzubekommen, durfte das Kreissägeblatt nicht zu hoch über den Tisch hinausragen. Daher musste der Corpus am Seitenanschlag über das Kreissägeblatt abgerollt werden, was nicht ganz ungefährlich ist. Daher bitte nur nachmachen, wenn man im Umgang mit der Maschine erfahren ist. Wer eine gute Bandsäge hat, kann besser zum Auftrennen diese verwenden.
Nach dem Auftrennen wurden die beiden äußeren Flächen furniert und alles von Hand einmal abgeschliffen und verputzt. Der Stand von heute sehen Sie in den folgenden Bildern:
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Die Innenseiten sind noch komplett unfertig, daran wird morgen weitergearbeitet.
Ich hoffe, ich konnte Ihr Interesse erhalten.

Hochachtungsvoll,

Friedrich von Reichenhall

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03.01.2023

Ein frohes neues Jahr, verehrte Mitreisende!

Verzeihen Sie mir, dass der nächste Beitrag über den Fortschritt recht spät erfolgt. Das liegt an einem Teil des Werkstücks, wo ich ersteinmal experimentieren musste, um es herzustellen. Wie so oft lässt sich Theorie nicht einfach in die Praxis umsetzen. 
Es ging um folgendes: Aus Furnierstreifen wollte ich mir ein Rohr leimen. Dazu wurden zuerst die Furnierstreifen gekocht und bei einem "Trockenversuch" um ein Glas mit dem richtigen Durchmesser gewickelt. Da stellte sich aber schon heraus, dass dies nicht würde gut funktionieren. Eine Alternative wurde schnell gefunden. Ich bediente mich daher  eines alten Weckglases, worin ich die beleimten und aufgerollten Furnierstreifen steckte. Mithilfe von Montagekissen wurden die Streifen in Form an den Glasrand gepresst und sollten so ihre runde Form erhalten.
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Dies hatte nur mäßig gut funktioniert. Vom Kochprozess waren die Furnierstreifen noch sehr feucht, sodass der Leim nicht gut abbinden konnte. Dies wurde durch den luftdichten Verschluss des Glases durch die Montagekissen weiter erschwert. Nach zwei Tagen nahm ich die Montagekissen heraus und musste feststellen, dass es nicht funktioniert hatte. Desweiteren ließ sich der äußerste Streifen nicht herausnehmen aufgrund der Kohäsionskräfte, sodass ich vorsichtig das Furnier im Glas herausbrechen musste. 
Nach diesem Rückschlag bin ich doch wieder zu der Methode zurückgekehrt, die Streifen um ein Glas herumzuwickeln. Also wieder Furnier weich gekocht und mit ausrecheind (aber nicht zu viel) Leim um ein Glas gewickelt und mithilfe von Spangurten in Form gebracht. Wie erwartet hatte dies nur mäßig gut funktioniert. Das Ergebnis sehen Sie hier:
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Weder ist es absolut rund geworden, noch ist die Wicklung sauber geworden. Nächstes Mal werde ich die Wicklung kleinschrittiger machen und dann nicht mit Weißleim, sondern mit Haut- oder Knochenleim, da diese schneller abbinden. 
Das Röhrchen war länger gemacht worden, als nötig. Also auf Länge geschnitten, auf der Sichtseite ein Deckfurnier angebracht zum retuschieren, das Ganze verputzt und eingeleimt. Der Schlussstand von heute sehen Sie hier:
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Und damit schließe ich heute meinen Bericht. Bleiben Sie neugierig!

Hochachtungsvoll,

Friedrich von Reichenhall

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04.01.2023

Verehrte Mitreisende,

das Projekt ist nun in den letzten Schritten zum Abschluss gebracht worden. Nach der Verleimung wurde alles nochmal verputzt, anschließend geölt. Nachdem das Öl trocken war, mit sehr feinen Schleifpapier poliert. Zuletzt wurden noch Scharniere und Verschluss montiert. Hier nun die abschließenden Bilder:
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Der Herr Topside hatte richtig vermutet. Es ist eine Schatulle zur Aufbewahrung von abnehmbaren Stehkrägen von Hemden, auch "Vatermörder" genannt.
10924853257?profile=RESIZE_710xDas Projekt wies einige Planungsfehler auf, aus denen einige Schönheitsfehler resultierten. Aber da es sich um eine Thematik handelte, in die ich mich einarbeiten musste, kann ich doch am Ende zufrieden sein. Allerdings stört mich die Montage des Verschlusses doch am meisten. Gute Alternativen hatte ich leider nicht zur Hand. 
Abschließende Bemerkungen:
-Die Pressform für den Korpus muss breiter sein als der Korpus selber, sowie darf die innere Pressform nur minimal schmaler sein als der innere Hohlraum (und alle Formen in Klarsichtfolie einpacken!)
-die eingenagelten Abstandshölzchen müssen fast genauso lang sein, wie die seitliche gerade Kante
-für Boden und Deckel lieber hochwertigeres, dafür ebenes Material benutzen
-das Röhrchen in der Mitte besser in einem kleinschrittigen Verfahren mit Warmleim verleimen, nicht mit Weißleim
-die Art des Verschlusses sollte von Anfang an geplant sein, damit es nicht am Ende zu problematiken kommt 

Damit will ich meinen Bericht schließen. Ich hoffe, ich konnte Sie bereichern.

Hochachtungsvoll,

Friedrich von Reichenhall 

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Antworten

  • Ich habe zwar keine Ahnung was Sie da Tolles bauen, aber ich liebe solche Werkstattberichte und freue mich schon auf die Fortsetzung. Herr Topside, wenn ich das nächste Mal vorbei schaue werde ich Kekse mitbringen.
  • Lassen Sie sich von mir nicht stören, ich kuck hier nur durchs Werkstatt Fenster.
    *hohlt Stuhl, Decke und Tee*
    Mist. Hat jemand Kekse dabei?
  • Ich wage mal eine Vermutung: Es wird eine hölzerne Variante der Cybermen aus Dr. Who. Oder ein Nostalgieradio. ICh bin auf jeden Fall schon sehr gespannt!

    Beste Grüße
    Luminus Gauge
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